Dienstag, 20. Januar 2009

Der Stern von Madagaskar und die Liebe der Lemuren

Der Stern von Madagaskar ist eine wunderschöne, elfenbeinfarbene Orchidee, zu finden ausschliesslich im Regenwald von Madagaskar. Die seltene Blume mit dem wissenschaftlichen Namen Angraecum sesquipedale hat einen 25 Zentimeter langen Sporn, auf dessen Grund sich Nektar befindet. Es muss ein Tier geben – sagte sich Charles Darwin 1862 – das diesen Saft trinkt. Warum sonst würde die Pflanze an einer solch verborgenen Stelle Nektar bereitstellen?

Allerdings hatte bis dahin weder Darwin noch sonst jemand ein Tier gesehen, dass einen solch langen und feinen Rüssel hätte, um damit in die Tiefen des Kelches zu gelingen.
Also verspotteten Darwins Zeitgenossen ihn wegen seiner abstrusen Prognose.

Bis dann eben doch ein solcher Falter mit 25 Zentimeter langem Rüssel entdeckt wurde – 40 Jahre später: Ein Nachtfalter, der seinen grotesk langen Rüssel in den Kelch senkt und so nicht nur den Nektar erreicht, sondern auch die Blume bestäubt. Gäbe es diesen Falter nicht - so gäbe es auch keinen Stern von Madagaskar.
Und umgekehrt – womit die Ko-Evolutions-Theorie um ein wunderschöne Beispiel reicher war.

Erst 130 Jahre später konnte dann übrigens der Nachtfalter beim Bestäuben der Orchidee fotografiert werden.

Für die Lemuren in der Masoala Halle des Zürcher
Zoos ist das alles Firlefanz. Zwar schätzen auch sie die Sterne von Madagaskar, die im künstlichen Regenwald der Masoala Halle jedes Jahr im Dezember blühen.
Doch statt sich mit langem Stochern nach Nektar aufzuhalten oder sich gar im Verlaufe der Jahrhunderte einen Rüssel
wachsen zu lassen, stopfen die Lemuren sich die Blüte
kurzerhand in den Mund. Maya Brändli
(Die Bilder stammen aus der Masoalahalle des Zürcher Zoos.
© Zoo Zürich)

1 Kommentar:

  1. Bemerkenswert ist, wie in der öffentlichen, ganz besonders der populärwissenschaftlichen Wahrnehmung von Darwin's Vermutungen und Versuchen, das heute bzw. in der Gegenwart Beobachtbare als Ergebnis einer Entwicklung über lange Zeit zu begreifen und darzustellen, der Aspekt der sog. "natürlichen Auslese" ("survival of the fittest") weit stärkere Beachtung und Erörterung erfahren hat als seine Hypothese der Ko-evolution. Als "Neo-Darwinisten" werden besonders Oekonomen, Politiker und Ideologen ettikettiert, die Lösungsansätze für effiziente Organisation und Versorgung menschlicher Kollektive jeder Ordnung und Grösse im von diesen als Prinzipien postulierten Wahlsprüchen wie "Freie Bahn den Tüchtigen","das Bessere ist der Feind des Guten" usf. zu erkennen meinen.
    Wie Darwin - und aus anderen Wissengebieten viele seiner bedeutenden, etwas jüngeren Zeitgenossen wie Soeren A. Kierkegaard, Karl Marx, und schliesslich in besonderem Masse auch Nietzsche, von der Nachwelt sehr einseitig aufgenommen und zu ideologischen Zwecken vereinnahmt worden sind, ist selber eine Entwicklungsgeschichte.

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